EIN DORF IM DORF lm 800 Seelendorf Mülligen bei Brugg steht die
Siedlung "Chleematte", eine Siedlung von 16 Reihenhäusern sowie einem
Bauernhaus. Rund 60 Menschen wohnen hier, die meisten schon seit 1985.
Bis auf eine grosse Wohnung im Bauernhaus, die vermietet ist, gehören
die Häuser den Bewohnern. Hausbesitzer sind sie allerdings nicht,
sondern Stockwerk- eigentümer. Das hat damit zu tun, dass die dreistöckigen
Häuser mit einem Kellergang verbunden, Heizung und Gebäudehülle
gemein- samer Besitz sind. Die Verwaltung, darauf ist man stolz, ist sehr
schlank: Die Eigentümerge- meinschaft hat eine Präsidentin und
Kassierin, jährlich werden an einer Sitzung Renovationen, Reparaturen
und allfällige Probleme bespro- chen. Einen Hauswart gibt es nicht,
"das stand nie zur Debatte", sagt Präsidentin Alice Rösli. "Jeder
hat sein Ämtli, zum Beispiel sind zwei Bewohner für die Heizung
verantwortlich." Sache aller "Chleematte"-Bewohner ist die halbjährliche
Reinigung des Areals. Zusam- mengefunden haben sich die Bewohner über
ein Inserat der Metron AG in Brugg, die mehrere solcher Siedlungen gebaut
hat. Der Preis für die einfach und sparsam eingerich- teten Häuser
war mit etwa 360 000 Franken schon damals günstig. Attraktiv war aber
auch, dass die Interessenten bei der Gestaltung der Häuser mitreden
konnten. |
Die "Chleematte", eine Siedlung am Rand des aargauischen
Mülligen, wirkt wie ein kleines Dorf. Die Ansammlung von Reihenhäuschen
ist aber mehr als nur Zweckgemeinschaft: "Wir sind wie eine grosse Familie",
sagt die 14-jährige Lisa Naef, und Mutter Judith kann dem nur zustimmen.
Hier herrsche eine grosse Vertrautheit, man spreche die gleiche Sprache,
obwohl hier sehr unter schiedliche Menschen leben würden. Auch ihre
Nachbarin Alice Rösli schätzt das Familiäre. Sie könne
mitten in der Nacht zu einem der Siedlungsbewohner gehen, wenn sie Hilfe
brauche. Ein weiteres Beispiel fürs gute Funktionieren der Gemeinschaft:
Je acht Häuser haben eine einzige Waschmaschine, ein Waschplan existiert
aber nicht. Auch der Nachwuchs war selten Grund für Auseinandersetzungen.
"Trotz der vielen Kinder gabs nie Schwierigkeiten", sagt Alice Rösli,
Präsi- dentin des Eigentümervereins. Wie nahe man sich in der
"Chleematte" ist, zeigt sich beim Gespräch bei Röslis. Judith
Naef gesellt sich dazu. Sie hat kurz angeklopft, ist eingetreten - mit
der eigenen Kaffeetasse in der Hand. So trete sie oft vors Haus, schaue,
wo jemand sitzt und gehe auf einen Schwatz hin. Diese Selbstverständlichkeit
überträgt sich auf die Kinder: Auch sie trauen sich, bei einer
anderen Familie anzuklopfen, um eine Freundin oder einen Freund zum Spielen
zu holen. Und wenn etwas nicht klappt im Sandkasten, ist nicht nur die
Mutter zuständig, man kann sich ebenso gut an jeden Erwachsenen wenden.
"Sie lernen so, mit Eigenarten anderer Menschen umzugehen", ist Judith
Naef überzeugt, "werden tolerant und eignen sich Sozialkompetenz an."
Die "Chleematte" ist für die Kleinen auch in anderer Hinsicht ideal:
Im Sommer gleicht sie einem grossen Spielplatz, das abschüssige Strässchen
eignet sich prima, um rasante Bobbycar-Rennen auszutragen. Nie muss man
lange herumtelefonieren, um etwas zu verabreden - die Freunde sind ja gleich
um die Ecke.
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